Straßenhund in Kairo - © Simon Burko - Quelle: photocase.com
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
PRESSE
In der Sendung ServiceZeit Tiere suchen ein Zuhause werden immer wieder Hunde vorgestellt, die Tierschützer aus südlichen Urlaubsländern gerettet haben. Das erregt viel Mitleid und Zustimmung, aber auch heftige Kritik. Tierschutz kann nicht an Landesgrenzen aufhören, denn in vielen Urlaubsländern leiden Tiere entsetzlich, ist ein dafür sprechendes Argument. Wir haben in Deutschland genug arme Tiere und die Tiere aus dem Ausland schleppen Krankheiten und Seuchen ein sind die Gegenargumente.
Dabei geben sich die Mehrzahl der Tierschützer, die Hunde aus dem Süden retten, gerade in der Frage der Gesundheit viel Mühe: Impfen, Befreiung von Parasiten und Leishmaniose-Tests gehören zum Standard. Denn es geht um Tierschutz.

Eine Schutzgebühr, die dann verlangt wird, was Veterinäre und auch Tierschützer als Handel verurteilen, deckt in der Regel nur einen Teil der entstandenen Kosten. Sie der Gewinnorientierung zu bezichtigen ist ein Schlag ins Gesicht all der Tierschützer, hier und besonders vor Ort, die ihre ganze Freizeit, viel eigenes Geld, viel Kraft und Kummer investieren.

Tatsächlich ist es wichtig, den Gesundheitszustand der Tiere zu überprüfen, die nach Deutschland eingeführt werden. Tollwutimpfung und ein Alter von mindestens vier Wochen ist absolute Pflicht. Eine gültige Komplettimpfung sollte ebenfalls vorhanden sein. Da erschreckend viele deutsche Tierärzte über Krankheiten nicht Bescheid wissen, die rund um das Mittelmeer vorkommen, ist es unerlässlich, am Ort testen zu lassen. Leishmaniose, Ehrlichiose (Weidefieber, tick-borne fever), Filariose (durch Fadenwürmer hervorgerufen) sind Krankheiten, an denen importierte Hunde sterben, wenn diese nicht erkannt werden. Diese Krankheiten sind jedoch, anders als Veterinäre immer noch behaupten, keine Seuchen. Besonders von Leishmaniose wird gerne behauptet, sie sei übertragbar auf Mensch und Hund. Immer wieder werden Besitzer von Hunden, bei denen die Krankheit festgestellt wurde, unnötig und verantwortungslos von uninformierten Tierärzten in große Sorge versetzt. Eine Übertragung auf Menschen ist aber noch niemals nachgewiesen worden, bezüglich der Hunde spukt ein unbewiesener Fall durch die Literatur.

Leishmaniose wird von Insekten übertragen, die rund um das Mittelmeer vorkommen. Sie und nur sie tragen die Parasiten von Hund zu Hund oder Mensch. Deutschland ist diesen Insekten zu kalt, Mallorca aber, das von Millionen deutscher Urlauber besucht wird, ist besonders befallen. Viele von ihnen müssten mit Leishmaniose infiziert aus dem Urlaub kommen.

Vorsorglich sollte jeder, der einen Hund aus dem Mittelmeerraum besitzt, den Tierarzt über diese Tatsache informieren, auch jeder, der seinen Hund einmal mit in den Urlaub genommen hat. Nicht der Übertragung wegen, sondern zu besseren Diagnosemöglichkeit.

Auf innere und äußere Parasiten ist besonders zu achten. Logischerweise sind schlecht ernährte Streuner von allen Arten dieser ungebetenen Gäste befallen. In den meisten Fällen bedrohen sie das Leben der Tiere nicht, übertragen sich aber sehr schnell, sind höchst lästig, hartnäckig und mitunter langwierig zu bekämpfen. Wer also eine Hund oder eine Katze im Urlaub auf der Straße findet, sollte sich die Mühe machen, einen Tierarzt aufzusuchen, am besten ein Tierheim unter deutscher Leitung, und das Tier nicht ohne Impfung und Beratung nach Deutschland mitnehmen.

Wenn Zöllner Tiere ohne gültigen Impfausweis entdecken, gibt es staatlich garantierten Ärger für die Begleiter: Entweder wird das Tier auf deren Kosten unverzüglich zurückgeschickt und zu Hause ausgesetzt oder es darf bleiben, aber in Quarantäne. Das kann den Tierfreund dann schnell einige tausend Mark kosten. Ein Tourist darf außerdem maximal drei Tiere für sich mit nach Deutschland bringen. Ausnahme ist eine Mutter mit Babys. Für die Kleinen gilt dann der Impfschutz der Mutter. Grundsätzlich ist vorab eine Information über die Pflichten und Rechte bei der Einfuhr von Tieren aus Urlaubsländern sehr hilfreich, um Probleme am Zoll zu vermeiden. Der deutsche Tierschutzbund und das Europäische Tierhilfswerk sind Ansprechpartner.

Susann Michels und Antje Stockhausen haben ihre Tiere aus dem Tierheim von Arche Noah auf Kreta mitgebracht. Hunde, die sie auf der Straße fanden, haben sie im Tierheim abgegeben. Das ist eine ideale Lösung. Denn im Tierheim weiß man genau über Einfuhrbedingungen Bescheid, alle Tiere sind bereits geimpft, entfloht und entwurmt, ihr Wesen ist bekannt und sie werden vor der Abreise noch einmal untersucht.

Ein Argument der Gegner von Importen, Importe seien keine Lösung, trifft natürlich zu. In den betroffenen Ländern selbst muss vieles geändert werden. Erziehung zum Respekt vor anderen Lebewesen und zur Verantwortung für Mitgeschöpfe ist eine schwere, aber entscheidende Aufgabe.

Kastration der Tiere zur Vermeidung massenhafter Vermehrung wäre die wichtigste Maßnahme. Aber gerade das stößt bei der Bevölkerung und bei Tierärzten auf heftigen Widerstand, nicht zuletzt aus religiösen Gründen. Trotzdem werden von hier aus bereits Kastrationsprogramme organisiert, deutsche Tierärzte operieren kostenlos vor Ort.

Der Tierschutzverein Tierhilfe Süden hat sich ausschließlich Tierschutz außerhalb Deutschlands zum Programm gemacht. Die deutschen Tierschützer im Ausland benötigen dringend finanzielle Hilfe, die Gleichgesinnte in Deutschland aufzutreiben versuchen. Alles ist aber bisher ein ganz kleiner Anfang.

Europapolitiker interessieren sich nicht für Tierschutz. Gerade in Ländern die in die Gemeinschaft aufgenommen werden wollen, könnte man Druck ausüben, es geschieht aber nicht. Anfragen von Tierschützern bleiben ohne Wirkung. Touristen könnten Druck auf die Lokalpolitiker ihres Urlaubsorts oder auf Reiseveranstalter ausüben. Wenn keine Touristen mehr kommen, geht das Umdenken ganz schnell. So lange Tierschutz eine so kleine Lobby hat, so lange das Leid der Tiere in Ländern, die Deutsche millionenfach bereisen, so schrecklich ist und Tierquälerei zum alltäglichen Straßenbild gehört, so lange kann man Tierfreunden nicht verdenken, dass sie Hunde und Katzen retten möchten, indem sie sie nach Deutschland bringen. Denn zurzeit ist das noch die einzige Rettung.
Quelle: WDR, ServiceZeit "Tiere suchen ein Zuhause", Sendung vom 19. November 2000